3D-Druck in der Hörakustik

Eine Einführung in die 3-dimensionale Welt in der Hörakustik 3.0

Veröffentlicht am: 18.1.2018
Autor/in: Dominic Schmidt
Lesezeit: Minuten

2D-Filme im Kino? Langweilig!

Virtual Reality? 3D!

3D TV im Wohnzimmer? Hm, das war wohl nix…!

Microsoft Paint? Ist jetzt 3D!

3D-Drucker zu Hause auf dem Schreibtisch? Hab ich!

Alles wird multidimensional.

Die letzten Jahre ist jeder irgendwann einmal über die dritte Dimension gestolpert, ob er nun wollte oder nicht. Manches hat sich durchgesetzt, vieles findet man toll, so manch anderes ist vielleicht nur eine nette Spielerei. Klar ist aber, dass das Thema 3D im Alltag angekommen ist. Eine Vielzahl an Kino-Blockbustern wird in 3D gedreht und vorgeführt, das Thema virtual und augmented reality gewinnt an Wichtigkeit und wird in Zukunft eine zentrale Rolle spielen, das 3D-TV im Wohnzimmer hat sich eben doch nicht durchgesetzt und der ein oder andere (Nerd?) hat schon seinen eigenen 3D-Drucker zu Hause auf dem Schreibtisch stehen. In unserem digitalen Zeitalter kommen wir um das Thema 3D und ganz speziell um das Thema 3D-Druck nicht mehr herum. Und da das Ganze ziemlich vielschichtig und komplex ist, haben wir uns entschlossen eine kleine Blog-Serie zum Thema 3D-Druck zu starten. Die Beiträge sollen dir helfen einen tieferen Einblick in die Materie zu bekommen, natürlich wollen wir den Fokus auf unser Handwerk legen, aber auch ab und zu einmal ein wenig über den Tellerrand blicken. Es geht also um die Arten des 3D-Drucks, wie man damit umgeht, was er kostet, was er bringt, und und und…

Ich weiß, dass das Thema 3D-Druck in der Akustik höchst kritisch betrachtet wird, ich kenne nicht wenige Stimmen, die sich „die gute alte Zeit“ zurück wünschen, in denen Otoplastiken aus Acryl waren und die Herstellung dieser noch ehrliche Handarbeit. Doch was steckt dahinter? Und ist es wirklich so schlimm? All das versuche ich mit diesem Blog zu klären und hoffe, ihr habt ein wenig Spaß dabei.

3D? Kann man das essen?

Meinen ersten Kontakt zu 3D gefertigten Teilen hatte ich tatsächlich während meiner Ausbildung zum Hörakustiker. Wir hatten damals 2 Labore, die unsere Otoplastiken gefertigt haben und mich hat bei einem der beiden immer gewundert, wieso denn die Otoplastiken bei den Belüftungsbohrungen oder anderen Strukturen oder so „komische Jahresringe“ hatten. Naja, das war er dann wohl dieser 3D-Druck. Ich denke, viele Akustiker die diesen Blogeintrag lesen, können sich gut an diese Zeit erinnern (ist ja schließlich noch nicht einmal 10 Jahre her) und natürlich waren diese Otoplastiken oftmals nicht von derselben Qualität wie ihre handgefertigten Brüder und Schwestern. Einige dieser negativen Erfahrungen haben sich bis heute gehalten, aber diesem Thema möchte ich einen eigenen Beitrag widmen. Den nächsten Kontakt mit dem 3D-Druck hatte ich, als einer meiner Kumpels auf einmal einen eigenen 3D-Drucker zu Hause stehen hatte.

Das Ding war zwar ein nettes Spielzeug zum Zeitvertreib und man konnte auch einige lustige Dinge damit produzieren (hier darf sich jeder denken, was wir wohl so getrieben haben), aber wirklich hochwertige Produkte konnte man mit dem MakerBot auch nicht herstellen.

Wie kann es also sein, dass der Hypetrain um den 3D-Druck die volle Fahrt aufgenommen hat und auch super exklusive Produkte in diesem Verfahren hergestellt werden? Um dies ein bisschen näher zu bringen möchte ich kurz die verschiedenen Arten des 3D-Drucks vorstellen und ein paar Einsatzgebiete aufzeigen. Um den Umfang nicht zu sehr aufzublähen, werde ich hauptsächlich auf die in der Hörakustik verwendeten Arten des Drucks eingehen.

Was ist eigentlich 3D-Druck?

Der 3D-Druck wird allgemein der generativen Fertigung zugeordnet. Generative Fertigung erfolgt immer auf der Basis von Datenmodellen („3D-Daten“) und benötigen im Gegensatz zum Spritzguss- oder anderen Verfahren keine zusätzlichen Formen/Werkzeuge. Während des Verfahrens werden formlose Materialen mit der Hilfe von chemischen und physikalischen Prozessen in eine neue Form gebracht. Im Bereich der Otoplastiken sind diese formlosen Materialien meistens flüssige und lichtaushärtende Kunststoffe, die in Kombination mit dem passenden 3D-Drucker verarbeitet werden. Bei der Fertigung im 3D-Druck wird das Material immer Schicht für Schicht aufgetragen (daher auch die „komischen Jahresringe“).

Von CAD zu STL

Um ein Objekt mit einem 3D-Drucker herstellen zu können benötigt man natürlich erst einmal eine 3D-Datei. Das 3D-Objekt wird mit Hilfe einer CAD-Software (computer-aided design) erstellt, kann in dieser Form aber vom 3D-Drucker noch nicht verarbeitet werden. In der Hörakustik haben sich 2 CAD-Programme zum Modellieren von Otoplastiken durchgesetzt, diese werden wir ein einem späteren Beitrag noch genauer beleuchten. Leider ist es beim 3D-Druck nicht ganz so einfach, wie beim Laserdrucker zu Hause, ein Teil „auszudrucken“. Zuerst muss das dreidimensionale Objekt aus dem CAD-Programm in eine STL-Datei übergeben werden. Was hierbei passiert, lässt sich gut anhand der folgenden Abbildung erklären:

3D-Druck Datei für eine Otoplastik in der Hörakustik Quelle: www.3Dprint.com

Das linke Modell ist eine CAD-Datei, also eine originalgetreue & dreidimensionale Abbildung der Billardkugel. Die mittlere Abbildung zeigt die Kugel im STL-Format in sehr hoher Auflösung, während die rechte Abbildung eine STL-Datei mit niedrigerer Auflösung ist. Es lässt sich also gut erkennen, dass die Auflösung eine große Rolle spielt, denn eine Kugel mit Ecken ist ja ziemlich doof. Genauso hält es sich auch bei Otoplastiken, gerade konvexe oder konkave Formen werden bei einer zu niedrigen Auflösung nicht sauber und „smooth“ dargestellt.

Vor allem bei der Abbildung mit der niedrigen Auflösung lässt sich der Aufbau eines Objekts im STL-Format. Die Oberfläche des Objekts ist hier immer komplett aus Dreiecken aufgebaut (trianguliert), eine Otoplastik im STL-Format besteht so aus tausenden von kleinen Dreiecken, um auch jedes anatomische Detail des individuellen Ohres genau abbilden zu können.

Die Datenmenge einer solchen Datei nimmt natürlich mit einer Erhöhung der Auflösung sehr stark zu, sodass eine Otoplastik im Mittel zwischen 1.5 bis 3 MB Festplattenspeicher einnimmt. In der Praxis macht es aber auch wenig Sinn, einfach immer mit der höchstmöglichen Auflösung zu arbeiten, da die 3D-Drucker in ihrer Auflösung (Druckgenauigkeit) ebenfalls limitiert sind.

Jetzt druckt das Ding doch endlich!

Um die STL-Datei nun drucken zu können, fehlt noch ein letzter Schritt, der bei jeder Art des 3D-Drucks notwendig ist. Wie schon oben beschrieben, wird beim 3D-Druck das Modell Schicht für Schicht aufgebaut (additives Verfahren), deshalb müssen diese Schichten definiert und berechnet werden, man spricht hier vom „Slicen“.

Die Dicke der Schichten ist davon abhängig, auf welcher Maschine und in welchem Verarbeitungsverfahren das Objekt gedruckt werden soll, deshalb wird dieser Slicing-Prozess von einer speziellen Software durchgeführt, die der Hersteller des Druckers mitliefert. So ist sichergestellt, dass alle Parameter des in Scheiben filetierten Ohrstücks auch wirklich zum verwendeten 3D-Drucker passen.

Je nach Geometrie des zu druckenden Teils können die Schichtdicken auch innerhalb des Modells variieren, je komplexer das Teil aufgebaut ist, desto dünner ist die Schichtstärke, einfach zu erkennen ist das am Beispiel einer Hantel:

Schichtdicke 3D-Druck einer Otoplastik in der Hörakustik Quelle: i.materialise

Das Slicen ist ein relativ rechenintensiver Vorgang, deshalb ist es hier von Vorteil eine entsprechen Leistungsfähige Hardware zu Verfügung zu haben. Das untenstehende Bild zeigt den Slicing-Prozess und den nachfolgenden Druck stark vereinfacht.

Druckvorgang bei einer Otoplastik im 3D-Drucker Quelle: Hotmess3D

Am Ende des Druckvorgangs hält man dann ein Teil in den Händen ,das in den meisten Fällen zwar schon so aussieht wie das Ding, das man sich als Endergebnis wünscht, es ist aber meist noch eine weitere Nacharbeit nötig, je nach Art des Drucks. Die verschiedenen Arten des 3D-Drucks mit ihren Vor- und Nachteilen möchte ich im nächsten Blogbeitrag diskutieren. Man sieht aber schon jetzt, dass der 3D-Druck kein „plug and play“ ist, sondern noch eine Vielzahl von Prozessen dahinter stecken. Ich hoffe, dass bis dahin alles verständlich war…

Liebe Grüße

Dominic