Der erste Arbeitstag im Traumjob

Nach dem Jobwechsel als Altgesellin und was dann alles passierte.

Veröffentlicht am: 31.3.2018
Autor/in: Christiane Lüer
Lesezeit: Minuten

Eine kurze Rückblende

Zum Verständnis der neuen Situation ist ein Rückblick auf die letzten 4 Wochen bei meinem alten Arbeitgeber unabdingbar. Ich hatte frühzeitig zum 31.12.2017 gekündigt, damit die Stelle neu besetzt werden konnte und damit ich in Ruhe meinen jahrelangen Kunden „Auf Wiedersehen“ sagen konnte. Bei einigen habe ich es geschafft, nur dann kam eine Erkrankung und der Resturlaub dazwischen. Diesen Abschluss hatte ich mir nach meiner 13 jährigen Tätigkeit für das Unternehmen so nicht gewünscht und es hat meine Stimmung noch mehr runter gezogen. Irgendwie hatte ich immer noch dieses Bauchgrummeln, ob meine Entscheidung die Richtige war.

Von meiner alten Firma, der ich 13 Jahre meines Lebens geschenkt habe, kam noch nicht einmal ein Danke. Es wurde sogar noch trauriger: 2 mal im Jahr (Juni und November) erhalten die Mitarbeiter ein halbes Monatsgehalt obenauf. Da ich aber zum 31.12.2017 gekündigt hatte wurde die Novemberzahlung einbehalten (gemäß meines Arbeitsvertrages). Ich habe das volle Jahr gearbeitet und irgendwie damit gerechnet, dass das Anerkennung findet. Die Hoffnung starb zuletzt… so viel zu dem bekannten Thema Wertschätzung.

Der neue Arbeitgeber

In diesem Moment kam von meinem neuen Arbeitgeber, der Firma „Brillen Rottler“, ein Päckchen zu mir nach Hause, welches ich sehr irritiert öffnete.

Die Überraschung hätte nicht größer sein können

Ich wurde von der Familie Rottler persönlich in Ihrer „Firmenfamilie“ willkommen geheißen und als Sahnehäubchen obenauf sandte man mir einen My-Days-Gutschein mit, um mir, einem vollkommen unbekannten neuen Firmenmitarbeiter, eine Freude zu machen. Ich habe mich so darüber gefreut, dass ich gleich ein Foto bei Placing-You einstellte, denen ich meine Vermittlung verdanke. Die Freude musste ich einfach mit allen aus unserem Bloggerteam (Akustiker und Optiker) teilen. Kann es wirklich sein, dass es bei meinem neuen Arbeitgeber so anders ist, als bei meinem Vorherigen? Dass man die Arbeitnehmer als Menschen wahrnimmt, um die man sich kümmert?

Der neue Lebensabschnitt

Und dann begann mein neues Arbeitsleben. Die innerliche Panik war schon recht groß. Werde ich den Vorstellungen und Ansprüchen meiner neuen Firma und der neuen Kollegen/innen gerecht? Kann ich mich so in mein neues Umfeld einbringen, wie ich es mir gewünscht habe? Wie werde ich aufgenommen nach diesem mega vorab Willkommen?

Die ersten Wochen waren sehr spannend und anstrengend zugleich, denn ich durfte in verschiedene Filialen zur Einarbeitung. Ich bin etwas ängstlich, was das Kennenlernen neuer Kollegen/innen angeht, wurde aber überall so freundlich begrüßt, dass ich mich ganz schnell als ein Teil der „Familie“ fühlte. Es gibt nicht diese Unterschiede „Ich Meister, Du Fußvolk“. Wir sprechen uns beim Vornamen an, ohne den Respekt voreinander zu vergessen. Es ist auch egal ob Optiker oder Akustiker. Ich bin auf Teams getroffen und alle waren so bemüht, mir den Übergang zu erleichtern und mir zu helfen, mich in der neuen Situation einzuleben. Keine Frage war zu dumm und keine Bitte um Unterstützung wurde abgelehnt. Und die Hilfe hatte und habe ich auch nach 8 Wochen noch dringend nötig, denn in den letzten 13 Jahren ist durch die Firmenstruktur meines letzten Arbeitgebers viel Wissen an mir vorbei gelaufen. Ich habe in einer Blase gearbeitet, wo nur das an Information rein gelangte, was der Arbeitgeber wollte. Blicke nach außen wurden möglichst unterdrückt. Wissen über den Hörgerätemarkt in gezielte Bahnen und Strukturen gesetzt. Jetzt kam ich mir hierdurch vor wie ein Azubi am Beginn der Ausbildung. Viel Lesen, viel Nachfragen und endlich wieder mögliche Schulungen erleichtern den Neueinstieg aber gewaltig. Aber es braucht noch Zeit, um wieder die gewohnte Sicherheit zu erlangen.

Eine wunderschöne Wertschätzung

Was aber all diese Dinge toppt, ist das gewaltige Vertrauen, dass man in mich gesetzt hat. Wie ich zu Beginn erwähnte, bin ich eine Altgesellin und das nicht nur in Berufsjahren, sondern auch in Lebensjahren (53). Und plötzlich möchte jemand dieses Potential nutzen und mir die Möglichkeit geben, einen Sachkundenachweis für eine Ausnahmegenehmigung vor der Handwerkskammer abzulegen, um auch als Gesellin ohne Meisteranwesenheit einen Betrieb führen zu dürfen. 13 Jahre in der alten Firma haben hierfür nicht ausgereicht. Die Genehmigung wurde am 22.2.2018 durch einen Gutachter nach praktischer Prüfung erteilt und ich bin so stolz. Das Gefühl ist unbeschreiblich. DANKE!

Der Unterschied zwischen den Firmen kann nicht gravierender sein. Wie ich erfahren habe, dürfen Gesellen in Abwesenheit eines Meisters nicht am Kunden arbeiten, was in meiner alten Firma durch eine viel zu dünne Personaldecke niemanden interessiert hat.


Zusammenfassend kann ich sagen: Alles richtig gemacht. Und jetzt auf in die letzten 13 Jahre bis zur Rente.

Es grüßt die Typin.