„Endlich die Prüfung geschafft! Und wie geht es nun weiter?” habe ich mir vor 21 Jahren gedacht, als ich nach unendlich lang scheinenden und schweißtreibenden Prüfungsstunden endlich meinen Gesellenbrief im Hörgeräteakustikerhandwerk in den Händen hielt.
Damals gab es nicht viele Möglichkeiten. Drei Jahre Gesellenzeit als Hörgeräteakustiker (ja – damals nannte man es noch Hörgeräteakustiker) und dann die Möglichkeit eine Meisterschule zu besuchen und die Meisterprüfung vor dem Prüfungsausschuss einer Handwerkskammer abzulegen. Vielleicht später dann noch den Pädakustiker nachzuschieben oder ein paar Seminare zum Thema Tinnitus oder Reparaturtechnik besuchen – aber das war es dann (fast) auch schon.
Heute sieht die Welt der Hörakustiker deutlich anders aus. Kaum hat man den Gesellenbrief in der Tasche, eröffnet sich dem frischgebackenen Gesellen eine ganze Welt an Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Nicht nur, dass man gleich nach der abgeschlossenen Berufsausbildung auf die Meisterschule gehen kann. Es gibt auch die Möglichkeit in Lübeck zu bleiben und an der Fachhochschule einen Studiengang zum Bachelor of Science oder gleich im Anschluss daran auch den Master of Science im Fachbereich Hörakustik zu absolvieren. Oder vielleicht doch lieber eine Fortbildung zum Thema Tinnitus oder Audiotherapie besuchen?
Zuerst sollte man sich klar darüber werden, was man überhaupt erreichen bzw. in welchem Bereich man später arbeiten will. Wer in die Industrie gehen möchte, für den lohnt sich zweifelsohne der Studiengang. Wen das Fernweh plagt und im Ausland arbeiten möchte, der kommt heutzutage um den „A.E.A.-Europa-Hörakustiker” kaum noch herum.
Sollte die Wahl darauf fallen weiterhin in Deutschland zu bleiben und für die eigenen Kunden da zu sein wird es nicht gerade einfacher. Es gibt, wie weiter Oben schon angedeutet, eine große Auswahl an Möglichkeiten. Und genau dies ist das Thema in diesem Blogeintrag.
Gehen wir einmal davon aus, dass die Wahl auf die Arbeit am Kunden in Deutschland fällt.
Mit Bestehen der Gesellenprüfung hat man als Hörakustiker schon einen großen Schritt hinter sich gebracht und besitzt eine fachliche (und damit auch finanzielle) Arbeitsgrundlage mit der man leben kann. Hörakustiker werden gesucht. Das beweisen schon die zahlreichen Vermittler wie z.B. placing-me.com die es in unserer Branche gibt.
Besser lebt es sich aber, wenn man bei der Bewerbung einen Meisterbrief vorlegen kann. Und da die verpflichtende Gesellenzeit von drei Jahren in unserem Beruf weggefallen ist und man ja ohnehin noch im Trott der Schule gefangen ist, warum nicht gleich den Meister hinterherschieben? Je nach Meisterschule bzw. Meisterkurs sind es ja nur sechs bis zwölf Monate – also auf geht’s!
Eines sollte man aber bedenken: Es soll Arbeitgeber und sogar Kunden geben, die Wert auf Erfahrung legen – insbesondere bei Meistern! Aber was soll´s; die hat man doch schon. Oder vielleicht doch nicht?
Eine Detaillierte Beschreibung der Meisterschulen und Meisterkurse in der Hörakustik würde den Rahmen dieses Blog sprengen, weshalb ich darauf in einem weiteren Beitrag zurückkommen werde.
Das Ausland ist verlockend und der Beruf zu interessant um jetzt noch etwas anderes zu lernen?
Warum dann nicht mit dem „A.E.A.-Europa-Hörakustiker” weitermachen? Hierzu bietet die BI Hörakustik Servicegesellschaft mbH einen berufsbegleitenden Kurs an. Dieser umfasst 80 UE (Unterrichtseinheiten) und eine im Anschluss an den Unterricht zu verfassende Diplomarbeit. Positiv: Man kann als Geselle schon einmal Geld verdienen und neben der Arbeit eine weitere Qualifikation erwerben.
Du willst Alles auf einmal - den Meister UND den A.-E.-A.-Europa Hörakustiker?
Auch da gibt es eine Möglichkeit der Akademie für Hörakustik bzw. der BI Hörakustik Servicegesellschaft mbH. Hier wird nämlich während des Vollzeit-Meisterkurses die Möglichkeit geboten begleitend die Diplomarbeit zu erstellen und sich anschließend entsprechend prüfen zu lassen. Das wäre natürlich eine perfekte Lösung um kompetent im Ausland arbeiten zu können bzw. dürfen.
Der Meister ist (doch/ noch) nicht das Richtige und das Ausland auch nicht so interessant?
Dennoch wäre es schade, wenn man nur auf der Stelle treten würde. Daher zeige ich hier noch einen weiteren Weg auf: Der Themenkomplex Tinnitus ist dermaßen umfangreich, dass man sich auch in diesem Gebiet spezialisieren kann.
Kurse hierzu werden sehr viele angeboten. Da reicht schon ein Blick in eine der Suchmaschinen im Internet. Die Ergebnisse bei Google und Co. Gehen von Fortbildungen in klangtherapeutischen Maßnahmen über die Tinnitus-Atemtherapie bis hin zur Anwendungsschulung für den Softlaser, usw… Was von diesen Möglichkeiten zu halten ist muss jeder für sich entscheiden.
Sinnvoll ist aber auf jeden Fall eine fundierte, fachbezogene Fortbildung, die unserem Ausbildungsstand entspricht. Und hier spielen unter anderem die Akademie in Lübeck bzw. die BI Servicegesellschaft mbH oder auch die Audiomed-Akademie in Braunschweig, um nur einige Möglichkeiten zu nennen, eine Rolle.
Zusätzlich schadet es aber gerade in diesem komplexen Thema auch nicht über den Tellerrand hinauszuschauen und auch mal einen Blick zur Selbsthilfeorganisation DTL (Deutschen Tinnitus Liga) zu werfen. Hier werden wissenschaftliche Arbeiten gesammelt, Behandlungsmöglichkeiten beurteilt und zahlreiche Informationen geteilt.
Das Thema Hörtraining ist nicht ganz unbekannt und könnte auch interessant erscheinen?
Wie wäre es mit einer Fortbildung zum Audiotherapeuten? Die Europäische Union der Hörakustiker e.V. (EUHA) bietet zwar eine Fortbildung zum Audiotherapeuten an, Zugangsvoraussetzung ist derzeit allerdings die bestandene Meisterprüfung in unserem Handwerk.
Aber auch hier gibt es wieder eine gute Alternative. Der Deutsche Schwerhörigenbund e.V. (DSB) bietet einen allgemein zugänglichen Lehrgang über 12 Blöcke á 3 Tagen an, in dem die Zusatzqualifikation des Audiotherapeuten (DSB) erlangt werden kann. Dauert also „etwas” länger, man kann aber ziemlich direkt durchstarten.
Und wie beim Thema Tinnitus (das auch ein Teil der Audiotherapie ist) gibt es hier ebenfalls die Möglichkeit weitere Informationen zu erhalten. Und zwar über den Bund deutschsprachiger Audiotherapeutinnen und Audiotherapeuten (BdAt e.V.).
Kundenverkehr doof, Meister doof, Tinnitus und Audiotherapie sowieso doof; alles doof. Wirklich alles?
Nein. Wer zum Beispiel in der Industrie arbeiten möchte, kann seit einigen Jahren nach bestandener Gesellenprüfung den Studiengang zum Bachelor of Science im Fachgebiet Hörakustik an der Fachhochschule in Lübeck besuchen – also studieren.
Der Studiengang dauert sechs Semester, also drei Jahre und beginnt immer zum Wintersemester. In den ersten fünf Semestern wird gebüffelt, im sechsten Semester dann die Bachelor-Arbeit erstellt. Immer wieder finden Exkursionen statt um auch etwas Praxis mit hineinzubringen.
Nach dem bestandenen Bachelor-Abschluss gibt es nun noch die Möglichkeit weitere vier Semester zu studieren und den Abschluss als Master of Science im Fachbereich Hörakustik und Audiologische Technik (M. Sc.) zu erreichen.
Die genauen Regularien für beide Studiengänge sind sehr umfangreich und auf der Internetseite der Fachhochschule zu finden. Die Links dorthin habe ich unten angefügt.
Fazit
Die dreijährige, nicht gerade leichte, Ausbildung in unserem Handwerk mit der Gesellenprüfung am Ende war nur der erste Schritt. Es gibt ständig neue Erkenntnisse und zahlreiche Möglichkeiten sich das Wissen darum anzueignen. Gerade in unserem Beruf ist es wichtig mit seinem Wissen immer auf der Höhe der Zeit zu sein um seine Kunden qualitativ hochwertig und gut beraten und versorgen zu können. Alles andere ist heutzutage fahrlässig.
Oder um es mit einem bekannten Zitat abzuschließen:
„Stillstand ist Rückschritt”
Links:
Informationen zu Tinnitus-Fortbildungen
https://seminare.afh-luebeck.de/seminar/tinnitus-seminar-mit-workshop-tig/
http://www.audiomed-akademie.de/kurse/tinnitus-retrainer/
https://www.tinnitus-liga.de/index.php
Informationen zum Audiotherapeuten und die Fortbildungen zum Audiotherapeuten :
https://bdat.de/audiotherapie/
https://www.schwerhoerigen-netz.de/audiotherapie/
http://www.euha.org/veranstaltungen/ => hier kann der Flyer heruntergeladen werden.
Informationen zum Studiengänge Hörakustik (Bachelor und Master):