Der perfekte Umgang mit den Kollegen

Tipps und Tricks für ein gutes Miteinander

Veröffentlicht am: 29.4.2018
Autor/in: Susann Bollweg
Tags: #Geselle, #Tipps
Lesezeit: Minuten

Gibt es tatsächlich Tipps und Tricks für ein gutes Miteinander? Und wenn es sie gibt, können sie so einfach angewandt werden?

Oder muss man sie kennenlernen, tief in sich selbst? Sind sie sozusagen schon in jedem von uns angelegt und müssen wir sie uns nur bewusst machen?

Zank, Streit, Auseinandersetzungen, Szenen, Zusammenstöße, Tätlichkeiten, Zwistigkeiten, Missverständnisse, Wortgefechte, Handgemenge, Konflikte, Hader, Fehden, Feinseligkeiten und Kollisionen.

Nur eine Anhäufung von Wörtern? Oder die Realität im Umgang mit uns selbst und Anderen? Die Wirklichkeit?! Leider, leider ja und das betrifft nicht nur einige Politiker, sondern jeden von uns. Denn auch wir gehen manchmal mit uns und Anderen unfreundlich um. Mit uns selbst? Ist das eine Tatsache? Warum denn nur und wieso?

In diesem Artikel geht es um Tipps und Tricks für ein gutes Miteinander. Um so etwas einsetzen zu können, müssen wir aufrichtig sein, denn sonst wirken all unsere Bemühungen unglaubwürdig, anbiedernd und unehrlich, was ja nun nicht in unserem Sinne wäre, oder?


Zuerst ist es, meiner Ansicht nach, also erforderlich, uns selbst, ein wenig oder auch mehr, zu erforschen. Wie bin ich? Wie fühle ich mich? Was ist mir wichtig? Erneut also das „Erkenne dich selbst“.

Ich finde, dass Beispiele auf leichte Art vieles verdeutlichen und so habe ich sie in meiner Laufbahn sehr gern eingesetzt. Nur Mut, springen wir gleich hinein in ein solches Beispiel.

1. Beispiel: Möchte ich der Kollegin wirklich jetzt einen guten Morgen wünschen?

Sie merken schon, wir fangen ganz klein an.

Wenn ja, dann also: Guten Morgen!

Wenn nein, tja dann fangen unsere Probleme an.

Sage ich nichts, wird sie sich wundern, es eventuell persönlich nehmen, gekränkt sein, mich vielleicht in eine Urteils-Schublade packen, in die ich nicht gehöre und mit dem fröhlichen Arbeitsbeginn ist es fürs erste schon mal Essig. Ich rette das Klima kurzfristig auch nicht mehr. Wie ich es auch drehe und wende der „Wurm“ ist drin. Aber wie kann ich das verhindern, was kann ich sagen oder tun und mich dennoch nicht verbiegen? Ganz klar: Ehrlich sein!

Bin ich mit dem „falschen Bein“ aufgestanden? Ich glaube, wir alles kennen das Gefühl. War mein heiß geliebter und für morgens so unverzichtbarer Kaffee alle? Befand sich meine Lieblingsbluse in der Wäsche? Fuhr mir zudem auch noch der Bus vor der Nase weg und wurde ich dann auch noch von einem Schnösel mit seiner Luxuskarre fast angefahren? Dann ist das ja genau mein oder dein Morgen und wir haben richtig schlechte Laune. Grrr.

Für all das kann die Kollegin nichts !

Eine ehrliche Ansage wäre nun : „Hi, Du kannst nichts dafür, aber ich habe gerade soooo einen Hals, noch keinen Kaffee gehabt, bin stocksauer und wäre der Morgen ein Fisch, würde ich ihn glatt wieder ins Meer schmeißen.“

Die so angesprochene Kollegin hat jetzt mindestens 3 Möglichkeiten.

  1. „Hey, was ist denn mit der los, aber so ist sie ja immer, schnell auf 180 und alles immer persönlich nehmen, blöde Tussi. Hat mal wieder überhaupt nicht gesehen, dass es mir gerade nicht gut geht, dass ich verweinte Augen habe, ach, und überhaupt ist die …..“

=> Eine LOOSE – LOOSE Situation

  1. „O ha, stürmische Ansage. Ersteinmal runter kommen lassen, der Tag war ja wohl auch bisher schon recht heftig. Na ja, meiner auch und so verheult wie ich aussehe … hat sie gar nicht bemerkt. Ach, ich koch‘ uns beiden mal nen Kaffee und dann wird‘s schon wieder.“

=> Eine WIN – LOOSE Situation

  1. „Wow, krasse Begrüßung. Und ich wollte ihr doch von gestern abend erzählen und warum ich so verheult aussehe. Ah, sie hat sich dahin gesetzt. Ich stell ihr jetzt mal als erstes einen Kaffee hin, braucht sie jetzt, und von den Schoko-Cookies haben wir auch noch welche und ich trinke zur Gesellschaft eine Tasse mit. Und dann schaun mer mal weiter. Sie ist ja immer klar heraus und sieht mich ja auch sonst immer. Wir werden später reden.“

=> Eine WIN – WIN Situation

Beide Kolleginnen sind ehrlich mit sich selbst und kommunizieren das auch. Einmal in der Anrede und einmal in Gedanken. So kann aus beider Sicht trotz all der widrigen Umstände doch noch eine WIN – WIN Situation entstehen.


Für das 2. Beispiel greife ich tief in meinen 41jährigen Erfahrungsschatz als Hörgeräteakustiker-Meisterin (mit Fachgeschäftsleitungskompetenz).

Zum besseren Verstehen für Nicht – Hörakustiker schicke ich einige Anmerkungen voraus:

Die exakte Bewertung eines Audiogramms und die persönliche Situation des Kunden sind für die Einstellung von Hörgeräten eminent wichtig. Wie nun Hörgeräte programmiert werden, welche Features dazu notwendig sind, welche zusätzlichen Leistungen, ist das „tägliche Brot“ der Hörakustiker. Natürlich sind die Bewertungen des Wie auch abhängig von dem Wissensstand und der Erfahrungen des Einzelnen. Wie der Leser sich sicher vorstellen kann, gibt es neben sogenannt „einfachen“ auch „komplizierte“ Schwerhörigkeitsformen, die dann der Diskussion, sprich Abklärung der eigenen Ansichten, bedürfen.

Für mein Beispiel 2 skizziere ich folgende Unterhaltung zweier Akustiker, wie ich sie in meiner Praxis erlebte.

Unsere Mitspieler sind dieses Mal : Akustiker A (Meister mit Fachgeschäftsleitung) und Akustiker B (sog. Altgeselle mit viel Erfahrung).

A: Na, geht‘s vorwärts? Ist ja wohl kompliziert, oder?

B: Och, geht so, nur bin ich mir nicht ganz über das da im Klaren. Ich glaube, die Diagnose des Arztes ist merkwürdig.

A verdreht die Augen: Ach Schätzchen, nicht schon wieder, bei dir sind immer die Anderen schräg.

B pustet leicht aus: Is‘ nicht wahr, ich hab‘s nochmal genau nachgemessen und den Kunden nach seiner Krankheitsgeschichte befragt. Da stimmt was nicht.

A: Ach ja, deshalb dauerte das so lange.Was ist denn nun schon wieder falsch?

B: Ich sag ja gar nicht, dass was falsch ist, nur irgendwas stimmt da nicht, da passt was nicht zusammen.

A beherrscht sich: Ach, und das kannst du beurteilen? Also gut, laß mal sehen.

B beherrscht sich ebenfalls und murmelt: Ja, kann ich. Und laut: Ja hier, guck mal diese Diskrepanz und diese Kurve, das passt doch nicht zusammen. Stelle ich die Geräte danach ein, versteht der Kunde nur „Bahnhof und Koffer klau‘n“

A noch beherrschter: Hey, nun mal nicht so flapsig, das klappt doch prima, wenn Du die Features X&Y vertauscht. Dazu einen offenen Hörschlauch ansetzt und dann kann der Kunde erst mal testen gehen.

B langsam resignierend: Okay, aber dann trägst du die Verantwortung dafür, dass er sch ….. versteht, was er dir ohne Zweifel sagen wird. Meines Erachtens hat die Arzthelferin etwas nicht bedacht beim Messen und so kann das nicht stimmen. Es gibt da Redebedarf.

A ist sauer: Ach, und das ist meine Schuld? Und jetzt muss ich deine Impertinenz und Inkompetenz wieder decken?

B ist auch sauer: Nee, musst du nicht. Übernimm den Fall und mach , was du willst. Du bist der Fachgeschäftsleiter; verdienst eh mehr Geld …(murmelt): ist nicht gerechtfertigt. Dann mach du doch. Aber dann auch alles. Ich nehm‘ dir nichts mehr ab.

A kocht: Was heißt, du nimmst mir was ab? Ich mach‘ doch alles hier. Messung, Anpassung, Administration, Werbung und ich muss den Kopf hinhalten, während du dich auf deinem Gesellenstatus ausruhst und damit einen leichten Job hast.

B platzt: So, jetzt bist du zu weit gegangen. Ich hab das ja immer schon geahnt, dass du überfordert bist und an sich keinen Schimmer hast und feige bist du auch noch. Du hast doch bloß keine Lust, dich schlau zu machen und dich dann mit dem Arzt auseinanderzusetzen. Aber das weiß ja sowieso hier jeder, dass du ein Schißer bist und dich nur aufblähst wie ein Ballon. Und überheblich bist du auch. Du bist eindeutig überschätzt.

A stürmt aus dem Raum mit der Bemerkung: So, und das hat ein Nachspiel. Warte es nur ab, deine Frechheiten werden dir noch vergehen.

B stürmt ebenfalls raus: Na, dann mach doch. Du bist eine einzige Enttäuschung für alle.

Beide knallen die Türen und „hauen“ ab. Erschrocken und zitternd bleiben die Auszubildenden im Fachgeschäft zurück.

Eine LOOSE - LOOSE Situation

Übertrieben? Wirklich nur ganz leicht.

Jedem ist nun wohl klar, dass es hier nur Verlierer gibt: A und B, der Kunde und die Auszubildenden. Die Atmosphäre ist vergiftet, denn auch am nächsten Tag ist die Stimmung nicht besser, sondern sozusagen eisig.

Wie hätte diese Konversation nun positiv ablaufen können?

Bitte sehr, folgen Sie mir erneut in das Büro des Fachgeschäftes.

A sitzt am Schreibtisch und arbeitet am PC. Die Tür ist, wie meist, offen.

B klopft an.

A blickt auf und lächelt. Klappt den PC-Deckel zu.: Hey, du siehst gestresst aus. Sehe ich das richtig?

B lächelt auch, wenn auch leicht gequält : Ja, tust du. Hast du gerade einen Augenblick Zeit?

A: Klar doch. Setz dich. Wollen wir einen Kaffee trinken oder Wasser? Dauert länger, unser Gespräch, oder? Wir haben alle Zeit. Erzähle.

B: Das finde ich prima, dass du dir Zeit nimmst. Ich bin etwas unsicher und doch auch wieder sicher, und brauche deine Ansicht zu Kunde XYZ von heute morgen. Der bekam von mir übrigens einen neuen Termin. Ist ok mit ihm, er hatte ohnehin noch etwas vor heute. Also diesbezüglich alles in Ordnung. Hier, schau mal. Ach, danke dir (A stellt Kaffee hin), bei meinen Messungen kam das heraus und beim Arzt das. Und dadurch erscheint mir die Diagnose merkwürdig.

A steht auf und beugt sich über die Unterlagen.

B: Ich hab‘s zwei Mal gemessen, weil ich stutzte, aber meine Messungen stimmen überein.

A hört weiter ruhig zu.

B: Nehme ich nun meine Messungen und die Krankheitsgeschichte des Kunden, den ich ausführlich befragte, dann kann ich bei den Hörgeräten die Features X&Y klar einstellen. Nehme ich die Arztdaten, müsste ich X&Y fast vertauschen und du weißt, dass der Klang dann abscheulich wäre und die Verständlichkeit der Sprache eingeschränkt. Und das würde bei allen Geräten so laufen. Siehst du das auch so?

A kehrt an seinen Platz zurück: Ich habe da vorher nochmal eine Frage. Welche Otoplastik- oder Schlauch -Form hast du dir überlegt?

B: Nee, bloß keinen Schlauch. Otoplastik mit DER Zusatzbohrung. Form H.

A: Du bist unserer erfahrenster Mitarbeiter und hast die Situation auch aus meiner Sicht präzise eingeschätzt, alle Messungen überprüft, wiederholt und eine für mich korrekte Lösung gefunden. Ich habe noch eine Frage. Könntest du dir vorstellen, dass, äm, Feature W zu 1/3 aktiviert, die Verständlichkeit noch um, sagen wir mal 15% erhöhen könnte?

B: Ist mir noch nicht eingefallen, aber ich werde beide Einstellungen im FF überprüfen. Guter Tipp, danke.

A: Und ich werde mit dem Arzt sprechen. Er hat, soviel ich weiß, eine neue Helferin. Vielleicht ist sie ja noch ein bisschen unsicher bei Messungen? Und dadurch diese Diskrepanz. Ich kläre das und informiere dich dann. Ist das ok für dich?

B: Ja, super. Ich war doch sehr unsicher.

A: Brauchst du nicht zu sein. Du hast eine super Ausbildung, langjährige Erfahrung, bist gründlich und gewissenhaft. Und dein Bauchgefühl ist auch nicht ohne. Ich bin echt froh, dass du im Team bist. Mach einfach weiter so. Willst du noch einen Kaffee? Übrigens habe ich gehört, dass der SC mit 5:2 gewonnen hat. Glücksgefühle?!

B: Ja,das kannst du laut sagen. Nein danke, keinen Kaffee mehr. Und danke für dein Zuhören.

A: Ich habe zu danken. Dafür, dass du Vertrauen zu mir hast. Ich freue mich sehr darüber.

Lächelt, steht auf, kommt um den Schreibtisch herum und gibt B die Hand.

B lächelt auch und erwidert den Händedruck herzlich.

Eine WIN – WIN Situation


Wieder übertrieben? Nein!

Einfach Ehrlichkeit! Hätte A seine Arbeit nicht unterbrechen können, würde er das gesagt haben und einen zeitnahen Gesprächstermin z u s a m m e n mit B vereinbart haben. Seine Bemerkung: Wir haben alle Zeit, beruhigt B in erster Linie und drückt zudem A‘s Wertschätzung B gegenüber aus. A nimmt sich sozusagen a l l e Z e i t.

Beide gehen höflich miteinander um. B klopft an, obwohl die Tür von A offensteht. Damit drückt er seinen Respekt A gegenüber aus.

Ein kleiner Exkurs in Sachen Respekt.

Respekt ist keine Unterwürfigkeit, sondern eine Haltung, die den anderen als Menschen achtet und seine Menschenwürde anerkennt, egal woher er kommt, wie er aussieht und zu welchem Gott er betet. Respekt heißt Rücksicht auf den anderen nehmen, auf seine Bedürfnisse und Verletzlichkeit. (aus: Psychologie heute)

Kehren wir zurück zu A und B. Auch A drückt B gegenüber seinen Respekt aus, indem er ihm u.a. Zeit gibt, „anzukommen und sich zu sammeln“ (Kaffeetrinken), ihm ruhig und konzentriert zuhört und aussprechen lässt.

Beide sagen, was aus ihrer Sicht wichtig für das Verstehen und die Lösung des Problems ist - einfach und ohne Schnörkel. Ein „Drumherumreden“ würde die klare Linie gleichsam verwässern und Raum für Missverständnisse ermöglichen.

Betrachten wir nun unter diesen Aspekten die Beispiele erneut, können wir klar erkennen, was einer Zusammenarbeit hinderlich und was ihr förderlich ist.

Und dann entscheiden, was wir für richtig halten und danach handeln.