Jobwechsel: „Besser spät als nie“

Erfahrungsbericht einer Altgesellin im Jobwechsel

Veröffentlicht am: 11.11.2018
Autor/in: Gastautor
Lesezeit: Minuten

Habe ich mir gedacht und nach langer Überlegung und zunehmender Unzufriedenheit, das Unternehmen gewechselt. Meine Gehaltsvorstellungen und diverse andere Dinge hatte ich ja bei Placing-You angegeben und mehrere Unternehmen fanden diese Dinge so interessant, dass daraus konkrete Kontakte mit einem endgültigen Vorstellungsgespräch wurden.

Das Vorstellungsgespräch

Zu diesem Gespräch fuhr ich ganz bewusst in Bekleidung, die man eigentlich zu einem Vorstellungsgespräch nicht trägt (bleached Jeans, blumig-weite Sommerbluse und Zehentrennersandalen). Mir war es wichtig, dass mein Gegenüber direkt sieht, dass ich kein Mitarbeiter für eine feste Schublade bin.

Offenheit war auch ein ganz wichtiges Thema bei dem Vorstellungsgespräch. Ich habe die Gründe, warum ich nach vielen Jahren mein jetziges Unternehmen verlassen möchte, direkt beim Namen genannt.

Hier waren für mich besonders die Kommunikation der einzelnen Firmenebenen untereinander wichtig oder auch die Art und Weise des Kundenumgangs. Darf ich mit meinen Kunden fair arbeiten und vor allem fachgerecht, oder muss ich zu einem „Quick-fit-Knopf-Nutzer“ werden, anstatt fachgerechte Messungen zu vorzunehmen.

Es war ein gutes Gespräch, dass weit länger dauerte und viel persönlicher wurde als gedacht. Die relevanten Eckpunkte meines neuen Arbeitsvertrages wurden besprochen und mein neuer Einsatzort wurde festgelegt.

An diesem Tag fuhr ein gutes Gefühl mit mir nach Hause, obwohl diese ganz kleinen Zweifel auch weiterhin an mir nagten.


Endlich war es soweit!

Nach ca 3 Wochen traf dann der neue Arbeitsvertrag bei mir ein und mit ihm die erste Ernüchterung.

Viele, der für mich wichtigen Punkte, tauchten nicht explizit im Vertrag auf. Ich habe mich in dem Moment so sehr darüber geärgert, dass ich nicht ein Gesprächsprotokoll bzw. Gesprächsnotizen mitgeschrieben habe, um mir die Eckpunkte direkt bestätigen zu lassen. Ja, das Gehalt passte und der Urlaub auch, aber mein Einarbeitungsort war auf einmal nicht 30km, sondern 80km entfernt!

Also direkt ab ans Telefon und das erste unangenehme Gespräch führen. Mir wurde versichert, dass alle die besprochenen Punkte genau so gemacht werden Nicht alle Punkte ließen sich klären, aber ich wagte trotzdem den Neuanfang.

Der Neuanfang

Es ist jetzt einige Monate her und die Realität hat mich eingeholt. Die viel gelobte Individualtät bei der Kleidung hat sich als Flop rausgestellt. Innerhalb ganz kurzer Zeit wurde aus einer ganz normalen Kleiderordnung Spießertum. Ganz nach dem Motto „Wie sorge ich für Unwohlsein durch Verkleidung“. Repräsentativ ist angesagt.

Die von mir als wichtig beschriebene Fachkompetenz führte im Umgang mit einigen neuen Kollegen zu Diskusionen. Sie sahen keinen Grund bei einer Hörgeräteversorgung eine vernünftige Anamnese zu machen, vor dem Messen zu otoskopieren, Ton- und Sprachaudiometrie vollständig durchzuführen oder gar eine Quick-fit Einstellung in irgendeiner Form messtechnisch zu kontrollieren. (z.B. INSITU oder Perzentile).

Am schlimmsten finde ich aber die Entmündigung der Kunden bei der „Beratung“, wenn man diese überhaupt so bezeichnen kann.

Zu guter Letzt sind da wieder diese jungen Kollegen in Meisterstellung, die ganz Intensiv nach oben kratzen und die sich dabei weder für korrektes Verhalten gegenüber Kollegen, noch den Kunden interessieren. Sie schmücken sich mit fremden Federn, um sich besser darzustellen als sie sind und treten nach Unten wenn niemand dabei ist.

Ich habe dieses Verhalten nie gemocht und auch nicht verstanden, erlebe es aber in der heutigen Arbeitswelt, als Hörakustikerin wieder und wieder. Fühlt man sich dann besser, wenn es anderen schlechter geht?

Irgendwie hatte ich gehofft, dass ich auf diesen Teil des Arbeitslebens in meinem neuen Unternehmen nicht mehr treffen werde, aber es wird mich wohl bis zum letzten Tag meines Arbeitslebens begleiten.


Nun versuche ich die neue Situation, die auch viel Positives brachte, zu leben. Positives wie auch Negatives gehören dazu. Jetzt warte ich ab, wie die Waage weiter ausschlägt.

Geht die Tendenz zu stark zur negativen Seite, dann weiß ich ja, dass ich bei dem Team von Placing-You tatkräftige Unterstützung habe, die auch dann nach einer neuen Lösung für mich suchen werden.