Beim Blick in den Spiegel fällt dieser zufällig auf die Brille. Die ist, kurz nachgerechnet, gute drei Jahre alt und so recht gefallen will sie einem nicht mehr. Also ab zum/zur nächsten Augenoptiker:in und eine neue bestellt. Zwei Wochen später kann das erste Selfie mit der neuen Brille gepostet werden. Doch wohin mit der alten Brille?
Eine – sinnvoll ist immer die letzte – sollte als Ersatzbrille aufbewahrt werden. Gerade bei höheren Stärken kann das durchaus den Tag retten, sollte die neue Brille aus welchem Grund auch immer kaputt gehen. Alle anderen können gespendet werden. Die mittlerweile größte Sammelstelle für gebrauchte Brillen hat seinen Sitz in Koblenz. Brillen Weltweit wurde vom ortsansäßigen Apotheker Dr. Klaus Stephan Kiefer gegründet und ist eine Unterorganisation des Deutschen Katholischen Blindenwerk e.V. Sie haben sich der Gemeinnützigkeit und der Nachhaltigkeit verpflichtet. Jährlich werden rund 1,2 Millionen Brillen gesammelt und aufgearbeitet. Im Sinne des Gründers wird die Aktion von Johannes Klein fortgeführt und durch den Augenoptikermeister Carlo Wagner fachlich begleitet.
Mit der Spende der alten Brillen an Brillen Weltweit werden gleich drei gute Taten vollbracht:
Brillen werden an Sehbedürftige auf der ganzen Welt abgegeben
Seit den 70er Jahren verteilt Brillen Weltweit die gespendeten Brillen an Menschen auf der ganzen Welt. Gerade Menschen, die nur einen Dollar am Tag verdienen, können sich keine Brille leisten. Mehr Sehen bedeutet für diese Menschen die Chance auf höhere Bildungsqualität. Auch Analphabeten können Lesebrillen nutzen, um Insekten und Unrat aus Getreide und Reis auszusortieren oder handwerklichen Tätigkeiten im Nahbereich wieder durchführen. So kann ein Beitrag zum Lebensunterhalt der Familie geleistet werden. Die Brillen werden an geprüfte Non-Profit Organisationen vor Ort geschickt, welche die Brillen kostenlos an die Menschen weitergeben. So soll sichergestellt werden, dass die Spenden nicht dem gewerblichen Kreislauf zugeführt werden.
Langzeitarbeitslose werden integriert
In fünf Werkstätten arbeiten etwa 80 Langzeitarbeitslose und sechs hauptamtliche Teamleiter. Sie packen die Pakete aus und sortieren, reinigen und arbeiten die gespendeten Brillen auf. Wenn sie vermessen und mit einem Brillenpass versehen sind, werden sie registriert und für den Versand in die Dritte Welt verpackt. Im Fokus der Projekte steht die Integration in die zukünftige Berufswelt. So können die Langzeitarbeitslosen ihre Leistung zeigen und durch die Brillen können Sehbedürftige auf der ganzen Welt versorgt werden.
Weniger Müll in der Tonne = Ressourcen schonen
Durch die gespendeten Brillen, welche wieder aufgearbeitet werden, können Ressourcen geschont werden. Sind anfallende Reste wie Pads, Bügel und auch Fassungen nicht mehr verwendbar, die im Zuge der Aufarbeitung entstehen, werden diese sortenrein recycelt.
Sammelboxen
Viele Augenoptiker:innen sammeln gebrauchte Brillen – es ist besser, sie irgendwo abzugeben, als sie in die Tonne zu werfen. Die rund 1,2 Millionen Brillen, die bei Brillen Weltweit landen, entsprächen jedoch nur etwa drei Prozent des jährlichen Brillen-Neuverkaufs. So müssen in manchen Haushalten noch ungenutzte Brillen liegen, die armen Menschen helfen können, so Klein. Gebrauchte Brillen können jederzeit direkt nach Koblenz geschickt werden. Wer seine Brillen bereits entsorgt hat, kann auch Geld spenden – als Einzelperson, Firma oder Organisation. Für den Transport und die Logistik wurde ein Kostenfaktor von 1,35 Euro pro Brille ermittelt.
„Verbraucher achten heutzutage nicht nur auf den Preis, sondern zunehmend auch auf die soziale Kompetenz des Geschäftes“, so die Koblenzer. Interessierte Augenoptiker:innen, die noch keine eigene Möglichkeit haben, Brillenspenden abzugeben, können sich über die Webseite registrieren. Seit 2018 hat Brillen Weltweit eigene Sammelboxen – es gibt sie als Karton oder aus Metall mit individuellem Logo.
Rekord: längste Brillenschlange der Welt
Brillen Weltweit hat einen Eintrag im Guiness Buch der Rekorde für die längste Brillenschlange der Welt. Am 07. Oktober 2017 gelang der Rekordversuch: Auf der Festung Ehrenbreitstein schafften es die Koblenzer, eine Brillenkette zu legen, die 3.597,50 Meter lang war. Insgesamt bestand die Brillenschlange aus 25.182 Brillen. Mit mehr als 50.000 Kabelbindern wurden sie aneinander gekettet. Damit brachen sie den alten Rekord aus Japan – sie überboten ihn um ganze 1.584,50 Meter, also 79 Prozent länger!